Fehler bei der Inbetriebnahme und Instandsetzung
Mitarbeiter beim Befüllen eines Aggregates
Oft passieren schon vor dem ersten Einschalten der Anlage Fehler, die zu Störungen und Ausfällen führen. Bei proportional- und servohydraulischer Ventiltechnik helfen die folgenden Faustregeln, häufige Stolpersteine zu vermeiden.
Hydraulikanlagen mit proportional- oder servohydraulischer Ventiltechnik (Stetigventile) werden eingesetzt, wenn Verbraucher präzise und hochdynamisch gesteuert werden sollen. Damit diese Anlagen über einen langen Zeitraum störungsfrei arbeiten, sind bei der Aufstellung und Inbetriebnahme einige Punkte zu beachten.
Die Dokumentation einer Hydraulikanlage beinhaltet auch eine ausführliche Betriebsanleitung mit wichtigen Hinweisen für die Inbetriebnahme. Leider finden diese in der Praxis nicht immer Beachtung. Das beginnt bereits mit dem Einfüllen der Hydraulikflüssigkeit.
Frischöl erfüllt oft nicht die geforderte Fluid-Reinheit und muss aufgrund möglicher Feststoffverschmutzung immer gefiltert in die Hydraulikanlage eingefüllt werden. Gefiltert einfüllen bedeutet keinesfalls das Öl direkt aus dem Ölbehalter über das Einfüllsieb des Belüftungsfilters in den Tank zu schütten. Die Befüllung muss über einen geeigneten Filter erfolgen, der die gleiche Filterfeinheit aufweist wie die Filter im Hydrauliksystem. Im Handel sind dafür spezielle Filteraggregate verfügbar. Anwender sollten außerdem unbedingt auf
den minimalen und maximalen Flüssigkeitsstand im Hydrauliktank achten. Dabei muss auch das Füllvolumen von Leitungen und Verbrauchern eingerechnet werden.
Soll ein anderes Fluid eingesetzt werden, als durch das Typenschild zugelassen, ist die Dichtungsverträglichkeit mit dem Lieferanten unbedingt abzustimmen. Denn bei Unverträglichkeiten können sich die Dichtungen auflösen, die Folge sind Leckagen, verklemmte Ventile und verstopfte Düsen!
Die erforderliche Fluid-Reinheitsklasse richtet sich nach dem empfindlichsten Bauteil, also den Stetigventilen. Beim Einsatz von Servo- und Proportionalventilen muss eine Absolutfilterung bereits im Zulauf (Druckfilter) erfolgen. Die Filterfeinheit sollte 3µm für Servoventile und 5 – 6 µm für Proportionalventile betragen.
Die Inbetriebnahme der Hydraulikaggregate darf niemals mit aufgebauten Proportional-oder Servoventilen erfolgen. Trotz gößter Sorgfalt bei der Fertigung einer Hydraulikanlage verbleiben meist Rückstande wie Schweißperlen, Fussel, Späne oder Farbpartikel im System. Diese sind größer als das Passungsspiel der Ventile und können so zum Verklemmen der empfindlichen Ventiltechnik führen.
Vor Inbetriebnahme sollten Anwender deshalb Proportionalventile gegen Spülplatten oder „Schwarz-Weiß-Ventile“ tauschen und die Anlage ausreichend spülen, bis die geforderte Reinheitsklasse erreicht ist.
Erst dann dürfen die Stetigventile montiert werden. Mit einem Partikelzählgerät können die Reinheitsklassen direkt angezeigt und überpruft werden. Ist diese Messtechnik nicht verfügbar, gilt als Faustformel für den Spülvorgang: Das Ölvolumen der Hydraulikanlage
soll mindestens 150-mal den Filter passiert haben, um die korrekte Reinheitsklasse zu erreichen. Dabei sind die Verschmutzungsanzeigen der Filter zu beachten.
Ein erster Filterwechsel kann aus diesem Grund schon während des Spülvorganges erforderlich sein. Spätestens aber nach dem Spülvorgang sollte die Filterpatrone ausgetauscht werden. Ein weiterer Filterwechsel wird oft nach 50 Betriebsstunden empfohlen. Erst
dann folgen die regularen Filterwechselintervalle, entsprechend der Empfehlung der Anlagenhersteller und den Einsatzbedingungen.
Die Anlage ist nun fast bereit für den ersten Testlauf.
Vorsicht ist bei automatischen Programmabläufen geboten. Sind beispielsweise die Sensoren nicht richtig positioniert, kann schon das zum Crash führen.
Deshalb empfiehlt es sich, Anlagen mit solchen Programmabläufen mit niedrigen Drücken und kleinen Sollwerten im sogenannten Einrichterbetrieb zu fahren. Ist dies in der elektrischen Steuerung nicht vorgesehen, kann es notwendig sein, die Ventiltechnik von der Steuerung zu trennen und die Hydraulikanlage manuell mittels externer Stromversorgung zu fahren. Dabei sollte das Augenmerk auf der Drehrichtung des Elektromotors liegen: Denn durch eine falsche Drehrichtung kann die Hydraulikpumpe innerhalb kurzer Zeit zerstört werden. Im Idealfall schalten Anwender den Elektromotor zur Kontrolle im Tippbetrieb ein und vergleichen die Drehrichtung mit dem Richtungspfeil auf dem Lüfterdeckel des Elektromotors. Sind alle Einstellungen korrekt vorgenommen, folgt ein weiterer wichtiger Schritt.
Die Entlüftung des kompletten Hydrauliksystems
Luft im System verändert das Regelverhalten der Stetigventile extrem, es kommt zu Anfahrsprüngen an Zylindern oder Schwingungen im System. Zum Entlüften sollten Entlüftungsstellen vorgesehen sein. Bei einigen Pumpen müssen die Gehäuse angefüllt werden,
dazu sind Datenblätter zu beachten. Nach dem Entlüften sollten Anwender die Verbraucher einige Male fahren und dabei den Druck langsam steigern. Der Flüssigkeitsstand im Hydrauliktank ist zu kontrollieren und notfalls zu korrigieren. Gegebenenfalls müssen
auch die Elektromagneten an den Proportionalventilen entlüftet werden.
Wahrend des Betriebes sollten die Verbindungsstellen auf Dichtheit kontrolliert werden, treten Leckagen auf, müssen diese umgehend beseitigt werden. Dringend notwendig ist auch eine genaue Kontrolle der Öltemperatur im Tank (Temperaturanzeige im Schauglas). Die Temperatur muss innerhalb des zulässigen Temperaturbereiches liegen.
Wichtig: Nur ausgebildetes und eingewiesenes Personal mit speziellem Hydraulik-Fachwissen darf die Inbetriebnahme und Instandsetzungsarbeiten durchführen.
Mit freundlicher Genehmigung: Internationale Hydraulik Akademie GmbH
Quelle: https://www.hydraulik-akademie.de/medien-presse
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Lars Benk: Profil eines Praxiserprobten Experten
Grundausbildung: Werkzeugmechaniker, spezialisiert auf Stanz- und Umformtechnik.
Weiterbildung: Staatlich geprüfter Techniker mit Schwerpunkt Maschinenbau.
Zusatzqualifikation: Abschluss als Technischer Betriebswirt, verbindet technisches Know-how mit betriebswirtschaftlicher Expertise.
Berufserfahrung: Mehr als ein Jahrzehnt aktive Tätigkeit im Bereich der Hydraulik.
Spezialisierung: Zertifizierter Fachmann für Ölanalyse (MLA II – Machine Lubrication Specialist), mit spezifischem Fokus auf die Wartung und Optimierung von Maschinen durch professionelle Schmierstoffanalyse. Zertifizierter Spezialist für Hydraulikflüssigkeiten – Fachwissen für optimale Hydrauliksysteme.